Im Irrealis der Idylle : Die polnische Brueghel-Ekphrastik zwischen Zeugenschaft und Metapoetik
Der Aufsatz untersucht die komplexe Beziehung zwischen der literarischen Gattung der Idylle und dem Konzept der Ekphrasis, insbesondere in der polnischen Nachkriegsliteratur. Kirschbaum fokussiert sich dabei auf die Darstellung und Reflexion der Idylle als poetische Form, die nicht nur idyllische Szenarien beschreibt, sondern auch auf die eigene poetische Konstruktion verweist. Zu Beginn des Aufsatzes wird erläutert, dass die Idylle historisch betrachtet als eine literarische Form dient, die idealisierte ländliche Szenarien und harmonische Naturbilder darstellt. Diese Szenarien fungieren als Projektionsflächen für gesellschaftliche und kulturelle Ideale. Der Begriff „Ekphrasis“ wird in diesem Kontext verwendet, um die literarische Beschreibung eines Kunstwerks zu bezeichnen, das sich selbstreflexiv auf die eigene literarische Praxis bezieht. Kirschbaum argumentiert, dass die Ekphrasis in der Darstellung von idyllischen Szenen oft eine metapoetische Funktion übernimmt. Sie dient nicht nur der Schilderung eines ländlichen Paradieses, sondern reflektiert gleichzeitig die Bedingungen und Grenzen der poetischen Darstellung selbst. Diese Selbstreferenzialität wird besonders in der polnischen Nachkriegsliteratur deutlich, wo Autoren wie Jarosław Iwaszkiewicz die Idylle und ihre ekphrastische Darstellung nutzen, um auf die Widersprüche und Brüche in der menschlichen Wahrnehmung und Erinnerung hinzuweisen. Ein zentrales Beispiel ist die Analyse der Ekphrasen in der polnischen Brueghel-Ekphrastik. Hierbei wird die Darstellung des ländlichen Lebens in Gemälden von Pieter Brueghel dem Älteren als Ausgangspunkt genommen, um die Komplexität und das Paradox der Idylle zu illustrieren. Die Idylle wird dabei als eine fragilere, oft trügerische Konstruktion dargestellt, die die brutale Realität der Geschichte und die Flüchtigkeit des menschlichen Daseins reflektiert. Kirschbaum zeigt auf, dass die Idylle in der Literatur nicht nur eine Darstellung von Harmonie und Schönheit ist, sondern auch eine tiefere Reflexion über die Begrenztheit menschlicher Erkenntnis und die Natur des poetischen Schaffens. Die Verwendung von Ekphrasis ermöglicht es, diese Reflexion auf einer metapoetischen Ebene zu führen und die Idylle als ein sowohl ästhetisches als auch ethisches Phänomen zu untersuchen. Zusammenfassend beleuchtet der Aufsatz die Rolle der Idylle und Ekphrasis in der polnischen Nachkriegsliteratur als Mittel der Selbstreflexion und der kritischen Auseinandersetzung mit der Tradition und den Herausforderungen der literarischen Darstellung.
The essay examines the complex relationship between the literary genre of the idyll and the concept of ekphrasis, particularly in post-war Polish literature. Kirschbaum focusses on the representation and reflection of the idyll as a poetic form that not only describes idyllic scenarios but also refers to its own poetic construction. At the beginning of the essay, it is explained that the idyll has historically served as a literary form that depicts idealised rural scenarios and harmonious images of nature. These scenarios function as projection surfaces for social and cultural ideals. The term ‘ekphrasis’ is used in this context to describe the literary description of a work of art that refers self-reflexively to its own literary practice. Kirschbaum argues that ekphrasis often takes on a metapoetic function in the depiction of idyllic scenes. It not only serves to depict a rural paradise, but also reflects the conditions and limits of poetic representation itself. This self-referentiality is particularly evident in post-war Polish literature, where authors such as Jarosław Iwaszkiewicz use the idyll and its ekphrastic depiction to point out the contradictions and ruptures in human perception and memory. A central example is the analysis of ekphrasis in the Polish Brueghel ekphrasis. Here, the depiction of rural life in paintings by Pieter Brueghel the Elder is taken as a starting point to illustrate the complexity and paradox of the idyll. The idyll is depicted as a fragile, often deceptive construction that reflects the brutal reality of history and the fleeting nature of human existence. Kirschbaum shows that the idyll in literature is not only a representation of harmony and beauty, but also a deeper reflection on the limitations of human cognition and the nature of poetic creation. The use of ekphrasis allows this reflection to take place on a metapoetic level and to examine the idyll as both an aesthetic and ethical phenomenon. To summarise, the essay highlights the role of the idyll and ekphrasis in post-war Polish literature as a means of self-reflection and critical engagement with tradition and the challenges of literary representation.
Preview
Cite
Access Statistic
Rights
rights holder: © transcript Verlag (2018)
Use and reproduction:
All rights reserved